Bewegungsmangel und Tipps für mehr Bewegung im Alltag
Wer kennt es nicht? Man steht auf, setzt sich ins Auto oder in die Bahn, geht einen kurzen Weg zur Arbeit, zur Schule oder zur Uni, sitzt dort den ganzen Tag und wenn man abends nach Hause kommt setzt man sich wieder auf die Couch und lässt dort seinen Abend ausklingen. Das stundenlange Sitzen gehört im 21. Jahrhundert zum Alltag vieler Menschen dazu und stellt tatsächlich ein größeres Problem dar als viele annehmen. Während der Pandemie hat sich dieses Problem noch verstärkt, denn sogar die kleinen Wege, die man täglich zurückgelegt hat, sind weggefallen. Durch das Arbeiten von Zuhause und den Online Unterricht wurde unser Bewegungsraum noch mehr reduziert. Das Laufen von Klassenzimmer zu Klassenzimmer, Hörsaal zu Hörsaal oder zur Kaffeemaschine im Pausenraum ist hinfällig geworden. Dafür saßen viele das ganze letzte Jahr mit ihren Laptops zu Hause an ihrem Schreibtisch – und das den ganzen Tag. Die Schließung der Fitnessstudios und das Fehlen der Sportvereine haben nur noch mehr dazu beigetragen, dass wir Motivation in uns selbst suchen mussten, um dieser Bewegungslosigkeit zu entkommen. Ansonsten kann es schnell dazu kommen, dass sich die ersten Beschwerden anschleichen werden. Zum Glück ist langsam ein Ende dieser Ausnahmesituation in Sicht und hoffentlich können wir bald wieder zu unserer alten Bewegungsroutine (Fitnessstudios, Sportvereine, Tanzclubs, etc.) zurückkehren, dennoch…
Was passiert eigentlich, wenn wir uns zu wenig bewegen?
Bewegungsmangel kommt mit vielen gesundheitlichen Folgen einher und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Unser ständiges Sitzen wird von Wissenschaftlern mittlerweile mit dem Slogan „Sitzen ist das neue Rauchen“ betitelt. Dr. Kelly Starrett veröffentlichte 2016 sogar ein Buch unter dem gleichnamigen Titel, in dem er einen detaillierten Plan vorstellt, um dem dauerhaften Sitzen entgegenzuwirken.
Gerade Menschen, die im Büro arbeiten kennen eine der häufigsten Folgen von zu wenig Bewegung und zu viel Sitzen: die Rückenschmerzen.
Durch das stundenlange Sitzen nehmen wir eine Haltung an, die auf Dauer unseren Nacken und unsere Schultern anspannt. Oft merken wir dann gar nicht, dass unsere Muskeln verspannt sind bis wir eine Bewegung ausführen, die außerhalb unserer Gewohnheiten liegt und wir vor Schmerz zusammenzucken müssen. Rückenschmerzen können gefährlich werden, weil sie zu Haltungsschäden, chronischen Kopfschmerzen oder im schlimmsten Fall zu Bandscheibenvorfällen führen können. Neben den Beschwerden an der Wirbelsäule ist zu wenig Bewegung auch dafür verantwortlich, dass unser Kreislauf runterfährt, wir träge werden und uns schlechter konzentrieren oder motivieren können. Dieses Empfinden sollte fast jedem bekannt vorkommen, der schon einmal versucht hat sich nach einem gemütlichen Tag zu etwas Produktivem aufzuraffen.
Andere Auswirkungen von Bewegungsmangel sind in der Begünstigung des Muskelrückgangs zu finden, angefangen bei der Rückenmuskulatur. Wenn wir uns nicht genug bewegen erhöhen wir zudem unser Risiko für Diabetes und Übergewicht. Die Liste von gesundheitlichen Schäden, die durch Bewegungsmangel entstehen ist eine lange und beinhaltet noch viel mehr Krankheiten, darunter Thrombose, ein erhöhtes Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko oder Bluthochdruck. Somit beweist sich das altbekannte Sprichwort „Wer rastet, der rostet“ und wenn man dann letztendlich beschließt etwas dagegen zu tun ist es eventuell schon zu spät.
Nicht nur der Körper leidet darunter
Abgesehen von den Schäden an unserem Bewegungsapparat wirkt sich Bewegungsmangel auch negativ auf unser psychisches Empfinden aus. Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass Sport unsere Stimmung positiv beeinflusst, Stress reduziert und unsere Ängste mindert. Das passiert, weil durch Sport Endorphine und Serotonin und Dopamin ausgeschüttet werden, sozusagen die Glücksbotenstoffe im Gehirn. Dementsprechend wird Sport oft als begleitende Behandlung bei Burnout und Depressionen empfohlen. Des Weiteren kann Sport unser Selbstbild positiv beeinflussen, da das Selbstbewusstsein gefördert und das eigene Körperempfinden gestärkt wird, dadurch dass man ein Gefühl von Erfolg verspürt und somit mehr Vertrauen zu seinem Körper erlangt. Infolge unserer verbesserten Gehirndurchblutung fällt es uns dann auch einfacher uns zu konzentrieren.
Bewegung gegen das Pandemie-Loch
Gerade im vergangenen Jahr hat sich gezeigt, wie sehr uns Bewegung guttut. Denn was haben wir alle zu Anfang getan als alles geschlossen wurde?
Richtig, wir haben uns bewegt und das in den unterschiedlichsten Formen. Viele und lange Spaziergänge, Fahrradfahren, Home Workouts, neue Sportarten die von zu Hause aus zugänglich waren (z.B Yoga), die wiederentdeckte Begeisterung am Joggen und vieles mehr haben bei vielen zum Pandemie Programm gehört. Wir wurden kreativ als uns die Formen der Bewegung, die wir bis dato in unseren Alltag eingebaut hatten, genommen wurden. Viele haben sogar gemerkt, wie sehr ihnen die Bewegung im Alltag bislang als Ausgleich gefehlt hat und sind bei ihrer neuen Sportart geblieben.
Dieser „Trend“ war zum einen gut, um dem sowieso schon vorherrschenden Bewegungsmangel entgegenzutreten und um unser Immunsystem zu stärken. Zum anderen war diese Entwicklung gut, da wir durch die Beschränkungen der sozialen Kontakte anfälliger für Gedankenspiralen und Einsamkeit sind. Dementsprechend war Sport wohl eine der besten Bewältigungsformen, um nach seinem psychischen Wohlergehen in der Zeit der Pandemie zu schauen.
Aber auch nach der Pandemie wäre es wichtig darauf zu achten, dass man nicht zum Sitzmuffel wird und auf der Couch versackt. Wir Menschen schöpfen nämlich nach wie vor nicht unsere Bewegungskapazität aus, wenn man bedenkt, dass unser Körper evolutionär darauf ausgerichtet ist 20 bis 30 Kilometer am Tag zu laufen.
Wie du regelmäßig und mehr Bewegung in deinen Alltag einbauen kannst, um körperliche und psychische Krankheiten vorzubeugen, erfährst du in den folgenden Tipps.
Tipps für mehr Bewegung im Alltag
• Nimm immer die Treppe statt des Aufzugs oder der Rolltreppe
• Kaufe dir einen Schrittzähler oder kontrolliere deine Schritte über eine App am Handy – setze dir ein Ziel von 10 000 Schritten am Tag
• Gehe vor dem Arbeiten eine Runde um den Block
• Nimm das Fahrrad zur Arbeit, Uni oder Schule – wenn du kein eigenes hast, dann leihe dir eins
• Verabrede dich regelmäßig zum Spazierengehen
• Entscheide dich für den längeren Weg
• Führe Verdauungsspaziergänge nach deiner Hauptmahlzeit ein
• Gehe zu Fuß einkaufen
• Lege mehr Wege an deinem Arbeitsplatz zurück (beim Telefonieren, Drucken oder laufe ein Runde durchs Büro)
• Hole deine Getränke selbst und lasse sie dir nicht bringen (im Büro)
• Mache zwischendurch Dehnübungen oder spanne einzelne Muskeln an
• Hole deine Pakete und andere Lieferungen unten an der Tür ab
• Erledige deine Haushaltstätigkeiten tanzend oder übertreibe in dessen Ausführung mit deinen Bewegungen (z.B beim Putzen)
• Lade dir eine App runter, die dich an tägliche Bewegung oder Sport erinnert (z.B die 7Minuten App, die auch perfekt für kleine Workouts für zwischendurch geeignet ist)
• Tanze zu deiner Lieblingsmusik durch die Wohnung (das ist vielleicht am Anfang komisch, aber Spaß macht es allemal)
• Gewöhne es dir an zu stehen statt zu sitzen, z.B in der Bahn
• Wenn du im Home- Office arbeitest, dann stehe öfter mal auf und vertrete dir kurz die Beine oder wechsle immer mal wieder den Arbeitsplatz (z.B vom Wohnzimmer in die Küche)
• Kaufe dir einen höhenverstellbaren Schreibtisch oder werde kreativ und stelle dir selbst einen zusammen
• Melde dich für einen Sportkurs an, so schaffst du dir eine regelmäßige Verpflichtung
• Steige eine Station früher aus der Bahn oder aus dem Bus aus und laufe den Rest
• Stehe beim Telefonieren oder laufe durch die Wohnung
• Baue Planks, Squats und Liegestützen in freien Momenten ein
• Mache leichte Sport-oder Dehnübungen während des Fernsehens
• Kaufe dir einen Hometrainer oder anderes Workout Equipment
• Lade dir Hörbücher, Playlists oder Podcasts runter als Begleitung für deinen Spaziergang, wenn du nicht gerne alleine unterwegs bist und Motivation brauchst
• Erstelle dir eine physische Erinnerung, um dich täglich zu bewegen, am besten eine an der du öfters vorbeiläufst, z.B ein Schild an deinem Schreibtisch
Kreativität ist gefragt
Wie du siehst, ist die Liste für mehr Bewegung im Alltag eine lange und sollten dir noch ein paar Ideen einfallen, kannst du dir diese Liste ausdrucken und für dich fortsetzen. So hättest du immer eine Erinnerung an deine tägliche Bewegung bei dir.
Wenn es dir aber generell schwer fällt dich für Sport und Bewegung zu motivieren, dann werde wieder zum Kind und gehe den Aktivitäten nach, die du damals gerne gemacht hast. Trampolin oder Seil springen, Stelzen laufen, Federball, Frisbee, es muss nicht immer joggen oder das Fitnessstudio sein. Es gibt unzählige Sportarten und sie warten nur darauf ausprobiert zu werden. All diese Dinge bringen dich von der Couch runter und hin zur Bewegung. Es ist wichtig diese in deinen Alltag einzubauen, denn auch wenn der Sport oder das Training nach dem Arbeitstag besser als nichts ist, kann selbst das einen Tag sitzen nur gering kompensieren. Bewegung stärkt unser Immunsystem rundum und dementsprechend werden dir dein Körper und deine Stimmung danken, wenn du öfter auf den Aufzug verzichtest und dich für die Treppe entscheidest. Denn nur durch diese beständigen Veränderungen kann man Krankheiten, die durch Bewegungsmangel entstehen, vorbeugen.